Areal historischer Schiffe
Der Magdeburger Handelshafen, Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, war einst einer der modernsten Binnenhäfen Deutschlands. Bis zu 1,4 Millionen Tonnen Zucker, Getreide und Kali wurden hier umgeschlagen – ein Sinnbild für den wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Prägende Bauwerke wie die Reichseinheitsspeicher, der Getreidespeicher GHI oder die 1894 errichtete Eisenbahnhubbrücke – die älteste ihrer Art in Deutschland – zeugen noch heute von dieser Blütezeit.
In den 1920er und 30er Jahren erlebte der Hafen seine Hochphase, bevor er 1945 im Bombenhagel fast vollständig zerstört wurde. Nach dem Krieg diente er als Umschlagplatz für den Wiederaufbau Magdeburgs, verlor jedoch in der DDR-Zeit zunehmend an Bedeutung und wurde schließlich stillgelegt.
Heute ist der Handelshafen ein einzigartiges Zeugnis der Binnenschifffahrt und Industriearchitektur. Speicher, Krananlagen und Gleise erzählen von einer bewegten Vergangenheit – und offenbaren zugleich das große Potenzial für die Zukunft dieses geschichtsträchtigen Ortes.
Im heutigen Alten Handelshafen begegnet man nicht nur den restaurierten Kettenschleppdampfer Gustav Zeuner, sondern auch weiteren Exponaten der Elbeschifffahrt, historische Schienenfahrzeuge und spannenden Ausstellungsstücken.
Ein besonderes Highlight ist zudem die Möglichkeit, dort ein Elbefloß zu besichtigen.
Aufwendige Restauration
Von 1895 bis 1931 wurde die Gustav Zeuner auf der Elbe eingesetzt, dann endete die Zeit der Kettenschleppdampfer. Nach seiner Außerdienststellung wurde die Zeuner bis in die 1960er Jahre als Umkleidekabine, Bootsschuppen und Restaurant für das Elbfreibad am Fermersleber Hafen benutzt. Danach verfiel das Schiff fast 50 Jahre lang. Die Wende für die Gustav Zeuner kam 2006 mit einem Projekt der „Gesellschaft für Innovation, Sanierung und Entsorgung (GISE mbH)“ in Zusammenarbeit mit dem „Jobcenter ARGE Magdeburg mbH“ und der Unterstützung der Stadt Magdeburg. in einem fünfjährigen Prozess wurden die Reste des Schiffes demontiert, in den Wissenschaftshafen verbracht und detailgetreu rekonstruiert. Die Wiederherstellung beinhaltete auch die Installation originalgetreuer Maschinen.
Kettenschleppdampfer Gustav Zeuner
Die Gustav Zeuner ist der einzige originalgetreu restaurierte Kettenschleppdampfer Deutschlands – und sie liegt heute im Magdeburger Wissenschaftshafen.
1894 in Dresden - Übigau gebaut, zog sie sich ab 1895 ganze 843 km auf der Elbe an einer schweren Kette entlang und transportierte gewaltige Lasten. Bis 1931 war sie im Einsatz, danach diente sie noch Jahrzehnte als Umkleidekabine, Bootsschuppen und Restaurant am Fermersleber Hafen, bevor sie fast verfiel.
Erst 2006 begann die aufwendige Restauration: In fünf Jahren wurde das Schiff Stück für Stück rekonstruiert – mit originalen Dampfmaschinen, Greifrad und den typischen Wasserstrahl-Turbinen.
Heute ist die Gustav Zeuner ein einzigartiges technisches Denkmal. Mit ihren stolzen 55 Metern Länge, ihrer genieteten Stahlkonstruktion und spannender Technik macht sie die Geschichte der Elbschifffahrt wieder lebendig.
Taucherschacht II
1898 auf der Berliner Werft R.A. Wens & Co. gebaut, war der Taucherschacht II ein spezielles Arbeitsschiff ohne eigenen Antrieb. Mit 31,67 m Länge, 11,56 m Breite und einer Verdrängung von 258 Tonnen diente er als schwimmende Basis für Caissontaucher.
Im Vorschiff befanden sich Kajüten, Kombüse und eine Toilette. Auffällig war die 6 Meter hohe Taucherglocke an Backbord, die in Führungsschienen lief, während ein 16.000-Liter-Ausgleichstank an Steuerbord für Stabilität sorgte.
Eimerkettenschwimmbagger „Otter“
Der 1899 in Magdeburg gebaute Bagger war zunächst 17,20 m lang und 4,70 m breit, wog etwa 70 Tonnen und hatte seinen Heimathafen in Tangermünde. 1962 wurde er auf 20,18 m Länge und 5,15 m Breite vergrößert. Mit einer Baggertiefe von 4 m und einer Eimerkette mit 32 Eimern konnte er Kies und Sand aus dem Flussbett heben.
Im Vorschiff lag der Maschinenraum mit Mast und Eimerkette, achtern befanden sich Wohnräume für Schiffsführer und Maschinist sowie das Steuerhaus.
Maße der zugehörigen Kiesschute: 18,48 m Länge, 5,10 m Breite, Tiefgang 2,05 m.
Eisenbahnhubbrücke
Mit dem Bau des Handelshafens (1893) entstand auch die Eisenbahnhubbrücke über den Einfahrtskanal – errichtet 1894 als genietete Stahlbogenbrücke. Sie zählt zu den ältesten Eisenbahnbrücken Deutschlands.
Die Brücke besaß eine lichte Weite von 26 m und konnte bis zu 4,65 m angehoben werden, um Schiffe passieren zu lassen. 1936 wurde sie elektrifiziert, ab 1980 jedoch stillgelegt und das Hubteil fixiert.
Nach umfangreicher Sanierung ist die historische Brücke heute wieder für Fußgänger und Radfahrer geöffnet.
Elbefloß
Über Jahrhunderte wurden Baumstämme aus den böhmischen Wäldern auf der Elbe bis nach Hamburg geflößt. Ein Floß bestand aus fünf großen Tafeln („Klifte“), war bis zu 130 m lang und 13 m breit und konnte mehrere Lagen Holz („Magdeburger Böden“) transportieren.
Die Besatzung von etwa fünf Männern lebte mehrere Tage auf dem Floß – mit Kochstellen, Schlafplätzen und einfachen Hütten. Gesteuert wurde mit großen Rudern („Pätschen“), gebremst mit zugespitzten Holzbalken („Schrick“).
Mit dem Ausbau der Eisenbahn verlor die Flößerei an Bedeutung. Heute wird sie in Traditionsveranstaltungen fortgeführt und ist von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe anerkannt.