Stabwerk
Entstehungsjahr: 2002
Material: Edelstahl
Standort: Leiterstraße / Otto-von-Guericke-Straße
Die angewandten Künste waren im Osten Deutschlands ein Betätigungsfeld, auf dem sich die Künstler ungezwungener mit dem Erbe der Klassischen Moderne und aktuellen westlichen Entwicklungen auseinandersetzen konnten als etwa ihre Maler- oder Bildhauerkollegen. Früh verwischten sich dadurch auch die Grenzen zwischen angewandter und freier Arbeit. Auf dem Gebiet der Metallbildhauerei war die Klasse von Irmtraud Ohme an der damaligen Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein in Halle an der Saale einer der diesbezüglich wichtigsten Entwicklungsräume. Dort hat auch Hartmut Renner studiert.
Renner hatte in Dresden eine große, raumbildende Stahlskulptur unter dem Titel „Tiere Tore“ ausgestellt, die sich mit dem unmerklichen Übergang zwischen konstruktiver und aus der Natur gewonnener, abstrahierter Form beschäftigte. Auch die Magdeburger Arbeit, die, vom Bahnhof ausgesehen, am Eingang der Fußgängerzone der Leiterstraße ihren Platz gefunden hat, bewegt sich im Grunde innerhalb dieses thematischen Kontextes. Dabei mag der Titel „Stabwerk“ und der vom Künstler verwandte, industriell geprägte Materialmix zunächst Abstraktes, Architektonisches suggerieren. Doch nimmt die Arbeit Renners den Weg in entgegengesetzte Richtung. Aus der freien Komposition mehr oder wenig gekrümmter, verschieden langer, polierter Metallstäbe und unterschiedlich großer Segmente von Metallgittern lässt sie das Bild zweier Baumgruppen entstehen, eine davon offenbar an einer Wasserfläche, die von einem zuvor völlig unverständlichen Rund eines blank geschliffenen, blauen Granitpflasters dargestellt wird. Erst mit dieser Wahrnehmung und den daraus wachsenden Bildassoziationen, so scheint es, baut sich dann auch die Spannung der Skulptur zu ihrer gebauten und natürlichen Umgebung neu und anders auf als im ersten Augenblick. (N. Eisold)