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Südliches Stadtzentrum

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Wehrturm "Hinter der Ausfahrt der Möllenvogtei" (Fürstenwall 3a)

Die Zerstörung wesentlicher Teile der Stadt Magdeburg, insbesondere der Innenstadt, liegt mehr als 55 Jahre zurück.
Für viele unbemerkt stand bis Mitte 2000 am südlichen Ende des Fürstenwalls ein aus dem späten Mittelalter noch in wesentlichen Teilen erhaltener Turmstumpf eines ehemaligen Wehrturmes der östlichen Stadtbefestigung. Diese Ruine überstand im Kern nicht nur den Bombenangriff und die Zerstörung, sondern auch die mehrfachen Überbauungen des 18., 19. und 20. Jh. und  die über 50 Jahre jegliche Witterung, die zusätzlich zur Kriegszerstörung auch der Verlust der Mauerkrone und starke Risse im Mauerwerk herbeigeführt hatten.

Impressionen Wehrturm Hinter der Ausfahrt der Möllenvogtei

Mit dem Ziel der Erhaltung der für die Stadtgeschichte und Stadtansicht historischen Substanz, in Verbindung mit einer verträglichen Nutzung, stellten sich der Bauherr und seine Familie innerhalb der viereinhalbjährigen Bauzeit mit erheblichen Eigenleistungen dieser Aufgabe, nachdem eine öffentlichen Ausschreibung und entsprechende Verhandlungen mit der Stadt ergeben hatten, dass das vorgeschlagene Konzept für alle annehmbar war. Eine intensive Planung und die Umsetzung konnte ab Mitte 2000 beginnen.


Die denkmalpflegerische Erhaltung, Sanierung und Ergänzung in der für Magdeburg bestimmenden Stadtansicht standen von Anfang an im Vordergrund der Planung und Realisierung. Damit wird außerdem die Wirkung der Anlage des Fürstenwalls, wie sie um 1725 durch Fürst Leopold von Anhalt-Dessau veranlasst wurde, respektiert. Er ließ in der damaligen Zeit mit entsprechenden Eingriffen in diesem Bereich eine erhöhte, fußläufige Flanierzone entstehen,  die zu den ersten in Deutschland zählt.


In der Planung galt es außerdem, die wechselvollen Spuren der Veränderungen über mehrere Jahrhunderte zu respektieren und teilweise wieder erkennbar zu machen. Dazu wird in Verbindung mit der Stadtmauer und dem Dom städtebaulich angestrebt, in der Stadtansicht wieder etwas von der historischen Dimension des mittelalterlichen Magdeburg anzudeuten. Der Gedanke eines Turmes stand  im Vordergrund.

Noch im 16. Jh. wird dieser Turm als Wasserkunst für die östliche Bebauung des Domkapitel benutzt. Das Innere des Turmes reicht bis auf den sogen. Domfelsen, der sogar für ein besseres Wasserreservoir in den Felsgrund vertieft wurde. Anfang des 19. Jh. (um 1820) nutzt der preußische Garnisonsstabsarzt Haase mit einer klassizistische Ergänzungsbebauung auf der Südseite dieses Areal als medizinische Badeanstalt. Die Grundmauern dieser Bebauung konnten in der ersten Sanierungsphase teilweise freigelegt werden. Die größtenteils intakten Mauerwerksabschnitte wurden saniert und in die Untergeschossnutzung integriert. Mit dieser bewegten Baugeschichte stellte sich für die Ruine die Frage nach einer heute verantwortlichen Nutzung und einer architektonisch-denkmalpflegerisch vertretbaren Lösung des Turmabschlusses. Da die Frage der Erhaltung  historischer Bauwerke  immer wieder eine Frage der angemessenen Nutzung ist, wurde ein Konzept für ein Architekturbüro mit übereinander liegenden Büroräumen im Turminneren und in der oberen Etage eine Ferienwohnung entwickelt.

Impressionen Wehrturm Hinter der Ausfahrt der MöllenvogteiImpressionen Wehrturm Hinter der Ausfahrt der Möllenvogtei

Die Außenabmessungen des Turmes betragen ca. 7,0 x 7,0 m, so dass sich mit einer wechselnden Wandstärke zwischen 1,0 – 1,8 mm in den Etagen lediglich Grundrissflächen zwischen ca. 16,0 und 20,0 m² ergeben. Die Erschließung der einzelnen Etagen wurde deshalb außerhalb des Turmes angeordnet. Die Höhe des Treppenturmes steht im Zusammenhang mit der geplanten und historisch ermittelten Turmhöhe.

Eine untergeordnete Ergänzung auf der Ostseite zwischen Turm und Stadtmauer ermöglicht im Erdgeschoss eine besondere Raumlösung für Beratungen.
Die zeitgemäße Gestaltung des Turmaufsatzes und die Treppenerschließung auf der Südseite ordnen sich durch eine klare Ablesbarkeit der historischen Turmfunktion unter bzw. stehen nicht bewusst in Konkurrenz zueinander. Der Turm selbst ist und bleibt Hauptbauteil, die zugeordneten Bauteile zeigen mit Transparenz eine heutige Nutzung an. Aus diesem Grund wird besonders in der Materialwahl auf ablesbare und historisch verträgliche Materialien und Oberflächenwirkungen geachtet (z.B. transparentes Absetzen durch Glaselemente, steinfühliger Putz, Kupferflächen im Bereich des Turmaufsatzes und der Bedachung).

Mit der Erhaltung und Wiederentstehung eines Turmes wurde sowohl für den Bereich östlich des Domes, wie in des Stadtansicht ein historisch orientiertes und attraktives Erscheinungsbild geschaffen. Viele Besucher, insbesondere alle Gäste in der Ferienwohnung im Obergeschoss mit seinem eindrucksvollen Ausblick auf die Elbe und den Dom äußern sich lobend über den  ehemalige Wehrturm „HINTER  DER  AUSFAHRT  DER  MÖLLENVOGTEI“.

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