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Städtepartnerschaft Magdeburg-Nashville perfekt

Chronologie einer Amerika-Reise

Von Cornelia Poenicke

Impressionen Nashville
Impressionen Nashville
Impressionen Nashville
Impressionen Nashville
Impressionen Nashville
Impressionen Nashville
Impressionen Nashville

Samstag, 24. Mai 2003

6.00 morgens. Noch etwas verschlafen blinzelt mancher in die Frühlingssonne, mit der wir uns aus Magdeburg verabschieden. Vor uns liegen rund 8000 Meilen, fast 12 Flugstunden, zwei Zwischenlandungen. Unser Ziel: Nashville/Tennesse. Unsere Mission: Wir wollen eine Partnerschaft zwischen zwei Hauptstädten begründen – zwischen Nashville/Tenessee und Magdeburg/Sachsen-Anhalt.


Abfahrt der Magdeburger Delegation nach Nashville

Wir, das sind die Mitglieder einer offiziellen Delegation der Landeshauptstadt Magdeburg:

  • Dr. Lutz Trümper, Oberbürgermeister
  • Beate Wübbenhorst, Stellv. Vorsitzende des Stadtrates
  • Dr. Rüdiger Koch, Beigeordneter für Kultur, Schule und Sport
  • Dr. Klaus Puchta, Beigeordneter für Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit
  • Dr. Cornelia Poenicke, Pressesprecherin der Landeshauptstadt Magdeburg
  • Rainer Buller, Stadtrat, FDP-Fraktion
  • Hans-Werner Brüning, Stadtrat, PDS-Fraktion
  • Annerose Lehmann-Aulich, Stadträtin, SPD-Fraktion
  • Hubert Salzborn, Stadtrat, CDU-Fraktion
  • Georg von der Gablentz, Sprecher des Deutsch-Amerikanischen Dialogzentrums

Außerdem gehen mit uns an Bord Rainer Schweingel, Lokalchef der Magdeburger Volksstimme, Manager der Virgin Guards, die Kontakte zu Football-Teams aus Nashville knüpfen wollen, Familie Kühne, die zu den Wegbereitern der Städtepartnerschaft gehört sowie Rechtsanwälte, die die Zusammenarbeit mit ihren Berufskollegen jenseits des Atlantiks ausbauen wollen.

Gegen 19.25 Uhr Ortszeit landen wir in Nashville und werden von Sister Cities, einem Verein, der in Amerika Städtepartnerschaften anbahnt und pflegt, überaus herzlich begrüßt. Eine Stunde später empfängt uns im Hotel Nashvilles Vize-Bürgermeister Howard Gentry. Smalltalk und dazu ein paar Käsehäppchen, ein wenig Obst, ein eiskühler Drink. Wenig später sind alle in ihren Betten verschwunden mit den sieben Stunden Zeitverschiebung waren wir fast 24 Stunden auf den Beinen.

Sonntag, 25. Mai 2003

Bild vergrößern: Der legendäre Jack Daniels. Was 1866 mit einer kleinen Distillery begann ist heute ein Unternehmen von Weltruf.
Der legendäre Jack Daniels. Was 1866 mit einer kleinen Distillery begann ist heute ein Unternehmen von Weltruf.

Nashville empfängt uns mit Regen, leider. Nach einem üppigen Frühstück im privat geführten "Loveless Motel" der Chef des Hauses kreiert leckere Omelettes fahren wir zu Jack Daniels. Schade, dass der Regen den Blick in die herrlich weite Landschaft trübt.

So können wir nur etwas ahnen von der Unendlichkeit der Hügellandschaft, die wir durchqueren. In Lynchburg angekommen, lernen wir, dass jede Flasche Jack Daniels wo auch immer sie getrunken wird - aus der hiesigen Distillery stammt.

Drei Sorten dürfen wir verkosten: den klassischen Number 7 (der auch in Deutschland in jedem guten Supermarkt zu haben ist), den "Gentlemen Jack" ein zweimal gefilterter Whisky und einen Single Whisky extra lange gelagert und doppelt gefiltert.

Die Andenken-Flasche allerdings bleibt uns verwehrt: Lynchburg ist ein Dry County, hier gibt es keinen Alkohol. Und der nach zähem Ringen für Werksbesucher eingerichtete Shop in der Distillery hat sonntags geschlossen. Also reisen wir mit der Erinnerung an den guten Geschmack weiter nach Old Mill in Normandy, einer alten Wassermühle, die heute als Restaurant und Pension betrieben wird. Dort erwartet uns ein üppiges, leckeres Dinner.

Der legendäre Jack Daniels was 1866 mit einer kleinen Distillery begann ist heute ein Unternehmen von Weltruf.

Montag, 26. Mai 2003

Am letzten Montag im Mai begeht Amerika den Memorial Day. Wir nehmen an der morgendlichen Zeremonie am World War II Memorial im Bi-Centennial Park teil.

Oberbürgermeister Dr. Trümper spricht Worte des Gedenkens und legt einen Kranz nieder. Unsere Teilnahme an der Gedenkfeier wird von den Medien mit großen Interesse gewürdigt, sogar CNN berichtet davon. "What a nice way to note that old enemies can become great friends", schreibt The Tennessean.

Nach der Zeremonie sind wir bei Daniel und Patricia Burton, den Eltern des Leipziger Generalkonsuls Fletcher Burton, zum Brunch geladen. Brunch mit Blues und Prominenten aus Nashville. Auch ein Senator des Staates Tennessee ist unter den Gästen. Er schlägt unseren Oberbürgermeister zum "Tennessee Ambassador Of The Goodwill".

Am Nachmittag tauchen wir ein in die Geschichte der Südstaaten. Wir besuchen Franklin südlich von Nashville und mit einem für amerikanische Städte ungewöhnlich geschlossenen Stadtkern. Hier tobte während des Bürgerkrieges eine der blutigsten Schlachten.

Ein Soldatenfriedhof aus Carnton Plantation zeugt bis heute davon. Die Familie McGavock, der die Plantage gehörte, hatte ihn auf ihrem privaten Grund und Boden angelegt und dort 1500 Soldaten beerdigt. Das Haus diente während des Bürgerkrieges als Lazarett und ist heute zu besichtigen. Wir wandeln durch die 180 Jahre alten Räume und lassen den Tag anschließend bei einem Barbecue im Garten gemeinsam mit Sister Cities ausklingen.

Memorial Day
Kranzniederlegung
Carnton Plantation

Dienstag, 27. Mai 2003

Am Morgen haben wir es nicht weit: Wir besuchen das Frist-Center direkt gegenüber von unserem Hotel. Das Haus hat eine interessante Geschichte: 1933 als Postgebäude gebaut, hatte es ausgedient, als Briefe und Pakete nicht mehr per Bahn, sondern per Flugzeug transportiert wurden.

Bürgerproteste verhinderten den Abriss des Gebäudes und auch des benachbarten Hauptbahnhofes, nachdem dort der Personenverkehr eingestellt worden war. Der Bahnhof ist heute ein Hotel die ehemalige Bahnhofshalle gibt ein phantastisches Foyer.

Aus der alten Post machte eine private Stiftung ein Kunstmuseum, in dem nun wechselnde Ausstellungen gezeigt werden. Besonders beeindruckend: der Mitmach-Bereich, in dem Kinder (und nicht nur die) viel über Farben, Formen, Perspektiven und Licht lernen können und natürlich animiert werden, die eigenen künstlerischen Fähigkeiten zu testen.

Wir besuchen drei Ausstellungen: Kunst des Realismus, Mittelalterliche und Byzantinische Kunst aus dem Walters Art Museum Baltimore und "Empire of the Sultans - Ottoman Art from the Khalili Collection" - eine Ausstellung über Kunst und Kultur des Nahen Ostens.

Den Nachmittag nutzen die Mitglieder der Delegation, um bestehende Kontakte auszubauen und neue zu knüpfen: bei Gesprächen mit Wirtschaftsfachleuten, an der Universität, mit Football-Managern, mit Anwalts-Kollegen. Danach bleibt Zeit für einen individuellen Stadtbummel.

Am Abend lernen wir Nashvilles Oberbürgermeister Bill Purcell kennen. Wir sind zu Gast im Parthenon etwas ganz Besonderes. Anlässlich der Jahrhundertausstellung 1897 hatten die Amerikaner den berühmten griechischen Tempel originalgetreu nachgebaut. Er wird heute für Ausstellungen genutzt und der Saal für verschiedene Veranstaltungen im Schutz einer 13 Meter hohen Statue der Göttin Athene.

Frist Museum
Uferpromenade des Cumberland-River

Mittwoch, 28. Mai 2003

Wir besuchen die öffentliche Bibliothek Nashvilles. Auch dies ein Gebäude mit interessanter Karriere: Gebaut als Einkaufstempel hatte es Downtown-Nashville keine Überlebenschance. In Amerika fährt man nicht Downtown, um einkaufen zu gehen.

Nachdem das Haus einige Jahre leer stand, reifte die Idee, dort die städtische Bibliothek unterzubringen. Mit dem Slogan "Nur eine Stadt mit einer großen Bibliothek ist eine große Stadt" konnten die Stadtväter reichlich privates Kapital für den Umbau mobilisieren.

Und der ist wirklich gut gelungen!

Unterm Dach hat übrigens ein Puppentheater sein Domizil. Wir dürfen einen Blick in die Kulissen werfen und außerdem das Allerheiligste die Marionettensammlung sehen.

Beim Stichwort Puppentheater denkt unser Kulturbeigeordneter natürlich sofort an Kooperation, schließlich agieren Magdeburger Puppenspieler weltweit - demnächst auch in Amerika?

Am späten Vormittag der große Moment: Die Oberbürgermeister beider Städte unterzeichnen die Vereinbarung zur Städtepartnerschaft. Damit ist die lange vorbereitete Kooperation zwischen Nashville und Magdeburg durch die höchsten Repräsentanten beider Städte besiegelt. Beim Austausch von Geschenken erneuert OB Dr. Trümper die Einladung an seinen Amtsbruder, zum Tag der Deutschen Einheit Magdeburg zu besuchen.

Bill Purcell nimmt die Einladung an und erzählt am Rande der Unterzeichnung eine Anekdote: Seine Tochter habe ihm vor einiger Zeit überraschend mitgeteilt, in der Schule nun das Fach Deutsch belegen zu wollen. Recht begründen konnte sie die Wahl nicht. "Aber Kinder haben ja manchmal eine Art Eingebung. Wer weiß wofür es gut ist."

Auf Einladung der First Tennessee Bank genießen wir im Cumberland Club ein phantastisches Dinner mit Rundblick über Nashville.

Shoppen auf amerikanisch das haben wir uns für den Nachmittag vorgenommen. Wir fahren nach Opry Mills - ein Einkaufscenter 20 Minuten nordöstlich von Nashville. Die Philosophie der Einkaufsmalls ist ja in Ostdeutschland nicht unbekannt nur in Amerika ist alles noch ein bisschen größer und üppiger. Und der Branchenmix ist anders: Zum Center gehören ein Kino und ein riesiger Freizeit- und Spielbereich. Auffällig sind die vielen Sport- und Freizeitausstatter, Outlets und verrückte Restaurants. Ein Supermarkt fehlt hingegen völlig. Da man insbesondere in den Outlets sehr preiswert Markenartikel kaufen kann, lassen wir noch einige Dollars da, bevor wir zurück fahren nach Nashville, um Downtown die Musikkneipen-Szene zu testen.

Fundus der Bibliothek
Vertragsunterzeichnung der Städtepartnerschaft

Donnerstag, 29. Mai 2003

Morgens geht der erste Blick in die Zeitung: Gibt es Berichte über die Vertragsunterzeichnung? Es gibt! Großes Foto mit beiden Bürgermeistern.

Wir freuen uns über das Medienecho auch deshalb, weil Städtepartnerschaften in Amerika durch privates Engagement gepflegt werden und es deshalb viel schwieriger ist als in Deutschland, die Medien darauf aufmerksam zu machen.

Wenn man in die Musik City USA wie Nashville sich selbst nennt fährt, ist ein Besuch in der Countrymusic Hall Of Fame natürlich ein Muss. Die Livemusik-Szene hatten wir ja bereits an den Vortagen getestet, Downtown reiht sich eine Kneipe an die andere und überall wird lebhaft und überaus professionell musiziert. Nun lernen wir bei einem sehr ausführlichen Rundgang durch das "Country-Museum" alles über die Geschichte dieser Musik, Ursprünge, Stilrichtungen, Interpreten... Wir lauschen historischen Aufnahmen, streicheln Elvis' Cadillac, bestaunen Plattencover und Kostüme und sind überrascht, wie vielfältig Country tatsächlich ist. Ehrfürchtig stehen wir in der Hall Of Fame, in die jedes Jahr zwei Country-Ikonen neu aufgenommen werden.

Unter Mittag besuchen wir das legendäre Studio B, ein Aufnahmestudio der RCA, wo u.a. Elvis Presley fast alle seine Hits aufgenommen hat. Der Raum atmet Geschichte! Berühmt wurde das Studio nicht nur, weil viele Stars hier zwischen 1957 und 1977 ihre Platten produzierten und hier die besten Studiomusiker arbeiteten, berühmt wurde das Studio B vor allem durch den Nashville-Sound, der hier kreiert wurde.

Zurück im Hotel bleibt gerade noch Zeit zum Auschecken, bevor es zum Flugplatz und zurück nach Germany geht.

Tschüß Nashville.

Oder besser: Good Bye und auf Wiedersehen. Denn wir kommen wieder, ganz bestimmt.

Downtown Nashville
Music City USA