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Hermann Gruson

 

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Gruson
, Hermann August Jacques

geb. 13. März 1821 in Magdeburg, gest. 30. Januar 1895 in Magdeburg,

Ingenieur, Erfinder, Industrieller, Firmengründer

 

G. wurde als Nachfahre hugenottischer Einwanderer im Wohnhaus der Familie in der Magdeburger Zitadelle geboren. Sein Vater war der Premierleutnant Louis Abraham Gruson (1793-1870). G. besuchte das Magdeburger Domgymnasium, wechselte dann aber zur Gewerbe- und Handelsschule, dem späteren Realgymnasium, die er 1839 mit dem Reifezeugnis abschloss. Nach Ableistung des einjährigen Militärdienstes in einer Pioniereinheit ging er an die Berliner Universität und hörte dort vor allem naturwissenschaftliche und mathematische Vorlesungen. Seine berufliche Laufbahn begann er 1840 mit dem Eintritt in die Maschinenfabrik von August Borsig (1804-1854) in Berlin. Borsig hatte freundschaftliche Beziehungen zu G.s Vater. Bei ihm lernte G. die Praxis des Maschinenbaus von Grund auf kennen. 1847 lernte G. in Berlin die aus Wantzka in Mecklenburg stammende Emma Lemelson (1825-1888) kennen. Bereits am 30. Mai fand die Hochzeit mit der Papierfabrikantentochter statt. Im November des gleichen Jahres rettete G. einen Jungen vor dem Ertrinken und erhielt dafür die Lebensrettungsmedaille. Bis zur Gründung seiner Firma war G. in verschiedenen Firmen tätig, so bei der Berlin-Hamburger Eisenbahn und in der Maschinenfabrik von Friedrich Wöhlert in Berlin. 1854 übernahm G. die Stelle des technischen Direktors der Vereinigten Hamburg-Magdeburger Dampfschiffahrtsgesellschaft in Magdeburg. Am 1. Juni 1855 gründete er in Buckau bei Magdeburg eine eigene Maschinenfabrik und Eisengießerei mit einer Schiffswerft. Durch das Einsetzen einer allgemeinen wirtschaftlichen Rezession gingen Werft und Gießerei zunächst nicht gut. Lediglich Aufträge für die Gießerei bewahrten die Firma vor dem Konkurs. G. experimentierte unermüdlich, um die Qualität seines Gusseisens zu verbessern. In intensiver Laborarbeit entwickelte er einen besonders festen Hartguss, der sich in der Praxis bewährte. So wurden Hartgussprodukte aus den Grusonwerken zu einem Markenprodukt und füllten bald die Auftragsbücher. Großaufträge, hauptsächlich für den Eisenbahnbau, führten zu einem schnellen Wachstum des Unternehmens, was wiederum den Bau neuer Werksanlagen erforderlich machte. So wurden zwischen 1869 und 1871 neue Werkstätten in Buckau an der Marienstraße errichtet. Der große Durchbruch als Unternehmer gelang G. mit der Herstellung gegossener Panzerplatten für Kriegsschiffe und Geschützstände für Landbefestigungen sowie von gegossenen Artilleriegeschossen. Damit revolutionierte er die Militärtechnik. Bei zahlreichen Vorführungen wurden die Festigkeit der Panzerung und die Durchschlagskraft der von den Grusonwerken hergestellten Granaten demonstriert. Großen Anteil an den technischen Erfolgen hatte G.s Mitarbeiter Max Schumann (1827-1889). Dieser war Ingenieuroffizier, Panzer- und Geschützfachmann und ab 1878 für das Grusonwerk tätig. G. verdankte seinen geschäftlichen Erfolg vor allem dem großen Bedarf an Kriegsmaterial in Europa, obwohl auch weiterhin für den zivilen Sektor u. a. Hartgussteile für den Eisenbahnbau, Walzenmühlen und Hebezeuge hergestellt wurden. 1886 erfolgte die Umwandlung des Grusonwerks in eine AG. G. behielt die Leitung des Betriebes bis 1891. Am 1. Juli dieses Jahres beendete er seine Mitarbeit im Vorstand der Gruson AG. Zwei Jahre später wurde das Werk vom Krupp-Konzern übernommen. Nicht zuletzt dadurch wurde Magdeburg einer der bedeutendsten Standorte für die Rüstungsproduktion in Deutschland bis zum Ende des zweiten Weltkriegs.

G. gehörte seit der Gründungsversammlung in Alexisbad zu Pfingsten 1856 dem Verein deutscher Ingenieure (VDI) an. Bereits ein Jahr später wurde der Magdeburger VDI-Bezirksverein gegründet. Für seine Verdienste erhielt G. als einer der ersten 1894 die Grashof-Denkmünze, die höchste Auszeichnung des VDI. Auch seine Vaterstadt Magdeburg ehrte ihn und verlieh ihm am 1. Mai 1889 die Ehrenbürgerwürde. Wenige Tage später, am 11. Mai, heiratete G. in zweiter Ehe die jüngste Tochter des Pfarrers und Superintendenten Friedrich Wilhelm Hildebrandt (1811-1893), Helene Hildebrandt (1853-1934).

G.s privates Interesse galt besonders der tropischen und subtropischen Pflanzenwelt, vor allem den Kakteen. Er galt auf diesem Gebiet als exzellenter Kenner. Zwei Kakteen wurden nach ihm benannt. G.s Kakteensammlung war eine der größten und bedeutendsten in Europa. Kurz vor seinem Tod übereignete er seine Pflanzensammlung der Stadt Magdeburg.

Heinrich, Guido/Schandera, Gunter (Hg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert, Magdeburg 2002; Nix, Heinz, „Gruson, Hermann Jacques August“, in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 237-238 [Onlinefassung], URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd116901888.html; http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Gruson; http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Gruson,_Hermann; Ehrenbürger der Stadt Magdeburg, bearb. vom Stadtarchiv Magdeburg, hg. von der Landeshauptstadt Magdeburg, Magdeburg 1994; Beckert, Manfred: Hermann Gruson. Ein Magdeburger Ingenieur und Unternehmer, hg. von der Landeshauptstadt Magdeburg, Magdeburg o. J. (1995); Engelmann, Jürgen: Hermann August Jaques Gruson (1821-1895), in: Tullner, Mathias (Hg.): Persönlichkeiten der Geschichte Sachsen-Anhalts, Halle 1998, S. 202-203.

Konstanze Buchholz